Celluloid und Cellon
Technischer Bericht von Dr. Jensch, DAG,
Troisdorf, 1956/57
„ A. Allgemeines über Kunststoffe
Sehr
unterschiedliche Eigenschaften der vielen verschiedenen Kunststofftypen
ermöglichen den Einsatz auf fast allen Gebieten des täglichen Lebens
und der Technik. Kunststoffe sind relativ billig, haltbar,
korrosionsfest und in fast jede beliebige äußere Gestalt überführbar
durch Warmverformung (pressen, blasen, spritzen, ziehen), durch Gießen
oder spanabhebende Kaltverarbeitung (sägen, fräsen, schneiden, bohren).
Kunststoffmoleküle
sind „Makromoleküle“ (Riesenmoleküle) zumeist aus dem Bereich der
Kohlenstoffchemie. Sie entstehen aus dem einfach gebauten
„Grundmolekülen“, wenn diese Grundmoleküle bestimmte Baumerkmale
aufweisen. Nach dem chemischen Reaktionsmechanismus des Zusammentritts
der Grundmoleküle zu Makromolekülen unterscheidet man:
1.)Polymerisationskunststoffe (z.B. Mipolam, Astralon, Trovidur,
Polyethylen, Trolitul, Buna, Plexiglas
2.)Polykondensationskunststoffe (z.B. Trolitan, Bakelite, Ultrapas,
Pollopas, Trogamid, Nylon, Perlon, Ultraphan)
Es
bilden sich dabei entweder einfache “Kettenmoleküle” (Fadenmoleküle)
oder verzweigte Kettenmoleküle. Auch können sich diese Kettenmoleküle
noch untereinander durch Brückenglieder vernetzen (ebene Vernetzung,
räumliche Vernetzung). Eine andere Gruppe bilden die
3.)Polyadditionskunststoffe.
Diese
werden erhalten, indem in bereits vorhandene synthetisch erzeigte oder
von Natur gegebene Makromoleküle neue andere Atome oder Atomgruppen
eingebaut werden, z.B.
Chlor
Kautschukmoleküle ————- Chlorkautschuk
Salpetersäure
Cellulosemoleküle ———— Nitrocellulose (Celluloid)
Nach ihrer Wärmeformbeständigkeit werden die Kunststoffe noch eingeteilt in:
a)Thermoplaste (beliebig oft in der Wärme verformbar, in der
Kälte wieder alte Festigkeit)
b)Duroplaste (nur einmal warm verformbar, nämlich bei der
Herstellung).
Auch nach anderen Gesichtspunkten kann man das umfangreiche Gebiet der Kunststoffe noch übersichtlich einteilen, z.B.:
c)nach der Art der Ausgangsstoffe:
vollsynthetische Kunststoffe (Phenol-, Harnstoff- Melaminharze, Polyamide, Polyester, Vinylpolymerisate)
abgewandelte Naturstoffe (Cellulosekunststoffe wie Celluloid,
Cellon, Vulkanfiber, Acetatseide)
d)nach dem technischen Herstellungsverfahren
(Kalender-, Extruder-, Gießfolie, Schichtstoffe usw.)
e)nach der Lieferform
(Folien, Tafeln, Röhren, Stäbe, Fäden)
B.Cellulose als Rohstoff zur Kunststoff-Herstellung
Cellulose
kommt vor als Gerüstsubstanz der pflanzlichen Zellwände. Für eine
technische Gewinnung ist sie genügend angereichert in Baumwolle, Holz,
Flachs, Hanf, Stroh. Die wichtigsten Rohstoffe zur Cellulose-Gewinnung
sind Holz und Baumwollabfälle (so genannte Linters).
Im Holz ist
die Cellulose vergesellschaftet mit anderen Stoffen (vor allem Lignin),
die durch Kochen in alkalischer Lösung entfernt (abgebaut) werden;
Entfernung mit Natronlauge gibt den Natronzellstoff, mit Bisulfitlauge
den Sulfitzellstoff. Die Baumwoll-Linters stellen ein sehr viel reineres
Ausgangsprodukt zur Celluloseherstellung dar.
C.Verwendung der Cellulose
Papier, Pappe, Watte (chemisch unveränderte Cellulose)
Kupferseide, Viskoseseide, Cellophan (Chemisch ebenfalls unverändert,
hergestellt durch Lösen von Cellulose in geeigneten
Lösungsmitteln und Einpressen der Lösung durch Schlitz-
oder Fadendüsen in ein Fällungsbad)
Vulkanfiber, Pergamentpapier (durch Quellungsmittel gequollene
so genannte Hydratcellulose)
Nitrocellolose, Acetylcellulose (chemisch veränderte Cellulose, so genannte
Celluloseester, zur Herstellung von Celluloid, Lacken,
Filmen, Sprengstoffen, Cellon, Acetatseide).
D. Allgemeines über Nitrocellulose
Mit
„Nitrier-Säure“ (Gemisch aus Salpetersäure, Schwefelsäure und Wasser)
veresterte Cellolose. Je nach dem Konzentrationsverhältnis der
Komponenten werden verschieden stark nitrierte Nitrocellulosen erhalten.
Hoch
nitrierte Nitrocellulosen sind die so genannten Schieß-, Dynamit- und
Pulvercollodiumwollen; weniger stark nitrierte Nitrocellulosen die so
genannten Filmwollen, schwächer nitrierte Nitrocellulosen die Celluloid-
und Lackwollen.
Außer im Salpetersäuregehalt (Stickstoffgehalt)
unterscheiden sich die verschiedenen Nitrocellulosetypen noch in der
Löslichkeit in geeigneten Lösungsmitteln (Alkohole, Ester, Ketone) sowie
in der Viskosität (Zähflüssigkeit) ihrer Lösungen. Sehr große
Viskositätsunterschiede werden besonders bei den Nitrocellulosesorten
für Lackzwecke, je nach dem Verwendungszweck der Lacke (Spritz-,
Streichlacke etc.) eingestellt.
E. Fabrikation der Nitrocellulose
Der Nitriervorgang findet statt in so genannten „Nitriertöpfen“,
in denen die Cellulose (Linters-Baumwolle oder Holzzellstoff) nach
kurzem Rühren 30 bis 60 Minuten mit der Nitriersäure stehen gelassen
wird.
Nach erfolgter Nitrierung werden jeweils 4 oder 6 Nitriertöpfe durch Bodenablass in eine unter den Töpfen befindliche „Zentrifuge“
entleert, in der die Nitriersäure bis auf einen Rest Haftsäure
abgeschleudert wird. Die abgeschleuderte verbrauchte Nitriersäure wird
in einen Mischbehälter zurückgeleitet und dort durch Säurezusatz für
eine weitere Nitrierung aufgefrischt.
Die vom größten Teil der Nitriersäure befreite Nitrocellulose wird mit sehr viel Wasser durch die „Schwemmleitung“ in einen „Vorstabilisierungsbottich“
geschwemmt. In diesem Bottich, mit einem Fassungsvermögen von 700 bis
800 kg Nitrocellulose, wird durch direkte Dampfeinspeisung der
Nitrocellulosebrei zum Kochen gebracht. Durch mehrmaliges Kochen und
zwischenzeitliches Kaltwaschen mit sehr viel Wasser wird alle anhaftende
Säure entfernt.
An die Vorstabilisierung schließt sich die „Druckkochung“
im V-IIa-Autoklaven an. Die Druckkochung bei 142 °C dauert etwa 10
Minuten und hat den Zweck, die langen Molekülketten in verschieden große
Bruchstücke abzubauen, wodurch verschieden hohe Viskositäten der
Nitrocellulose in Lösungsmitteln erzielt werden.
An die Druckkochung schließt sich ein „Mahlvorgang“ im so genannten „Holländer“
an. In einem großen gekachelten Bottich von etwa 1.800
kg-Nitrocellulose-Fassungsvermögen, wird die Nitrocellulose im Kreislauf
durch ein mit Schneidmessern versehenes Walzenmahlwerk geleitet.
Hierdurch wird die Faserlänge verkleinert und gewisse Hohlräume, in
denen noch Reste von Nitriersäure enthalten sind, aufgeschlossen. An den
Mahlvorgang schließt sich wiederum eine „Nachstabilisierung“, die im
Wesentlichen wie die Vorstabilisierung in einem Bottich erfolgt, an.
Über eine „Rührbütte“ (zur gleichmäßigen Durchmischung aller Faserlängen) gelangt die Nitrocellulose über einen „Wirbelsichter“ oder „Sandfang“ (zur Entfernung von Verunreinigungen zur so genannten „Siebschleuder“ oder „Schälschleuder“ (Zentrifuge), in der das überschüssige Wasser bis auf einen Rest von 35 % (auf die Nitrocellulose bezogen) entfernt wird.
Hoch
nitrierte Schieß-, Dynamit- oder Pulverkolloidwollen werden aus
Sicherheitsgründen wasserfeucht an die Kunden geliefert. Die anderen
wasserfeuchten Nitrocellulosen passieren eine „Verdrängungszentrifuge“ oder eine hydraulische Kolbenpresse zur „Verdrängung“
des Wassers durch Alkohol. Auf diese Weise wird eine alkoholfeuchte
(Methyl-, Äthyl-, Isopropyl- oder Butylalkohol)-Nitrocellulose erhalten,
die direkt zur Weiterverarbeitung auf Lacke, Celluloid, Filme oder
dergleichen verwendet werden kann.
Die Gesamtdauer des Nitrierprozesses beträgt etwa eine Woche.
Herstellung von Celluloid und Cellon
Als
Grundsubstanz für die Herstellung von Celluloid dient die so genannte
„Nitrocellulose“, eine Verbindung von Cellulose (Baumwoll- oder
Holzcellulose) und Salpetersäure. Eine ähnliche Nitrocellulose mit etwas
höherem Salpetersäuregehalt findet auch als Sprengstoff
(„Schießbaumwolle“) Verwendung.
Die Nitrocellulose ist an sich
schon in der Lage, einen klaren Film, ähnlich dem Celluloid, zu bilden,
der aber viel zu spröde ist, um technisch verwendbar zu sein. Um diese
Sprödigkeit des Materials in eine brauchbare Elastizität zu verwandeln,
wird der Nitrocellulose noch eine je nach der gewünschten Qualität
verschiedene Menge und auch Art an sog. „Weichmachern“ zugesetzt.
(Harte Optikqualität etwa 20 % Weichmacher, Normalqualität etwa 30 %
Weichmacher; weiche Qualität zum Bördeln und Blasen bis etwa 35 %
Weichmacher.)
Als Weichmacher für Nitrocellulose dient hauptsächlich der bekannte Kampfer (meist synthetischen Kampfer, aber auch Naturkampfer, sog. „Japan-Kampfer“, daneben verschiedene Ester der Phthalsäure (sog. „Palatinole“), für blasbares Material auch Rizinusöl.
Herstellungsvorgang
1.)Kneten
In
große geschlossene Flügelkneter, die bis zu 500 kg Celluloidmasse
fassen, wird die Nitrocellulose mit Weichmachern und Alkohol als
Lösungsmittel eingefüllt und zusammengeknetet, wobei sie „gelatiniert“,
d.h. zäh und fadenziehend transparent wird. Wegen der Reibung erwärmt
sich dabei die Masse. Hier im Kneter werden im Allgemeinen auch schon
die nötigen Farbstoffe zugegeben.
2.)Filtration
An
den Knetvorgang, der mehrere Stunden benötigt, schließt sich als
Reinigungsvorgang die Filtration an. Die teigartige Masse wird im Kneter
in noch warmem Zustand entnommen und in hydraulisch betriebenen
Kolbenpressen unter hohem Druck (nahezu 300 atü) durch feines
Leinengewebe, das in einer gelöcherten Siebplatte aufliegt, gepresst,
wobei der größte Teil der Verunreinigungen (Staub, grobe Farbkörnchen,
nicht ganz gelatinierte Masseklümpchen) zurückgehalten wird.
3.) Walzen
Der
Walzprozess dient verschiedenen Zwecken. Einmal der vollständigen
Homogenisierung der Masse, zum anderen einer Verringerung des
Alkoholgehalts bis auf etwa 10 %, der für den späteren Schneidprozess
notwendig ist. Eine weitere Aufgabe des Walzprozesses ist die
Herbeiführung gewisser Mustereffekte (Melierung, Schildpatt 100, Havanna
191, Marmorimitationen), wobei verschieden gefärbte Celluloidmassen
miteinander vermengt werden.
Mischwalzen
Diese
bestehen aus zwei nebeneinander auf Lagerböcken angebrachten
Walzenballen von etwa 1,5 – 2 m Länge, die gegeneinander laufen und von
denen die vordere durch Warmwasser auf etwa 60 °C beheizt wird. Zum
Schutz gegen Verschmutzung ist das Mischwalzwerk durch ein verglastes
Gehäuse gekapselt. Ein großes Walzwerk fasst zwischen 150 und 200 kg
Celluloidmasse, die auf dem vorderen, geheizten Walzenballen haftet. Die
beiden Walzenballen sind so eng gegeneinander gestellt, dass die Masse
eine zusätzliche Knetung erfährt und infolge der Erwärmung Lösemittel
verliert, welches durch Rohleitungen zur „Adsorption“ abgesaugt, dort
aufgefangen und zum Teil wiedergewonnen wird.
Hat die Masse durch
Verlust an Lösemittel die notwendige Festigkeit erreicht, so wird sie
mit dem Messer in Stücken heruntergeschnitten und kommt zur
Weiterverarbeitung auf die
Glättewalzen
Von
gleicher Bauart wie die Mischwalzen, mit einem geringerem
Fassungsvermögen von etwa 20 – 30 kg, die aber nicht oder kaum geheizt
werden und auf denen die Masse wenig haftet. Hier werden die von der
Mischwalze kommenden Celluloidbrocken zu Fellen ausgezogen, „geglättet“,
die Felle aufeinander geschichtet in
4.)Kochpressen
unter Druck und Wärme zu einem völlig homogenen Block zusammengeschweißt, „gekocht“.
Die Kochpressen sind kofferförmige Behälter, in deren doppelter
Wandung Warmwasser zur Beheizung auf etwa 90 °C fließt und die mit
einem
schweren Deckel verschlossen werden können. Im Innenraum der
Kochpressen (Blockbehälter) sorgt ein vertikal beweglicher rechteckiger
Stempel („Tisch“) für die Druckübertragung. Beim 5 – 6 Stunden dauernden
Kochprozess werden die Glättefelle fest auf eine geriffelte Unterplatte
(notwendig zur Befestigung des Blockes beim späteren Schneidprozess)
aus Eisen oder Messing zum Block aufgekocht. Ein solcher Block wiegt
etwa 150 kg und hat ein Format von 70 x 160 cm.
Etwa die gleiche
Zeit, die der Kochprozess benötigt, muss der nunmehr fertige, aber noch
warme und daher weiche Block („thermoplastischer! Kunststoff) durch
Kaltwasser gekühlt werden. Nur völlig abgekühlte Blöcke dürfen der
Kochpresse entnommen werden, da sonst bei Fortfall des äußeren Drucks
die noch im Blockinneren vorhanden Wärme Lösemittel zum Verdampfen
bringt, was zum Auftreten von Löchern und Blasen führen kann.
5.) Schneiden
Im
Prinzip erfolgt der Schneidprozess auf einer Art Hobelmaschine in der
Weise, dass sich der mit der Unterplatte auf einem hin- und herfahrenden
Tisch festgeschraubte Block gegen ein feststehendes,
rasierklingenscharfes Schneidmesser bewegt. Nach jedem Rückwärtsgang des
Tisches mitsamt dem Block stellt sich das Schneidmesser automatisch um
den Betrag der gewünschten Plattenstärke (einschließlich einer
Schneidzugabe von etwa 8 – 10 %) tiefer. Die möglichen Schnittstärken
sind innerhalb 1/8 – 20 mm variierbar.
6.) Trocknen
Wie
schon erwähnt, mussten beim Walzvorgang zur Erleichterung des
Verkochens der Glättefelle zum Block und für den Schneidprozess etwa 10 %
Lösemittel in der Celluloidmasse zurückgelassen werden. Die
geschnittenen Tafeln sind daher noch weich bis lappig. Zur Trocknung
kommen sie in Trockenkammern, deren strömende Luft mit Dampf auf etwa 45
°C erwärmt wird und verbleiben hier je nach Dicke mehrere Tage, Wochen
oder Monate (etwa 10 Tage je 1mm Wandstärke). Wegen des Verlusts an
restlichem Lösemittel schrumpft das Material um die Schneidzugabe von
etwa 8 – 10 %.
7.) Polieren
Die nach dem
Trocknen recht unansehnlichen, welligen Celluloidtafeln müssen nun noch
in der vom Kunden gewünschten Weise nachbehandelt werden. Dickes
Optikmaterial wird meist unpoliert verlangt und daher nur gerade
gerichtet, „abgepresst“, „geglättet“. Anderes Material wiederum wird
poliert oder mattiert verlangt, oder soll mit einer Oberflächenprägung
versehen werden (z.B. Cellon für Lampenschirme). Diese Arbeitsprozesse
erfolgen in großen
Etagenpressen,
deren etagenweise
angebrachten Heizplatten mit Druckwasser von etwa 160 °C beheizt
werden. Zwischen zwei Heizplatten wird jeweils eine Lage von etwa 10 –
12 vernickelten Messingblechen eingeführt, zwischen denen sich die
Celluloidtafeln befinden. Unter Druck und Wärme wird das Material
erweicht, seine Oberfläche angeschmolzen, so dass diese die Art der
Oberfläche der Nickelbleche annimmt und darin durch das Abkühlen fixiert
bleibt.
Das nunmehr fertige Material gelangt nach Beschneiden
der Ränder über die „Endkontrolle“, wo es auf einwandfreie Qualität ein
letzte Mal überprüft wird, zum Versand.
C e l l o n
Die Herstellung von Cellon erfolgt auf die prinzipiell gleiche Art und Weise.
Als
Grundsubstanz dient hier die Acetylcellulose, der „Cellit“, einer
Verbindung von Cellulose und Essigsäure. Als Weichmacher für Cellon wird
Kampfer nicht oder kaum verwendet. Die meist gebrauchten
Cellonweichmacher sind verschiedene „Palatinole“ (Terephthalate),
„Pollin“ (ein Phosphorsäureester), „Dellatol MMA“ (ein Sulfonsäureamid).
Eigenschaften
Celluloid
und Cellon sind ohne Pigmentzusatz glashelle Kunststoffe von annähernd
gleichen Eigenschaften. Cellon hat gegenüber Celluloid den Vorteil
geringerer Brennbarkeit. Gegen Wasser sind beide beständig (Cellon
verzieht sich etwas); starke Laugen und Säuren greifen beide an. Löslich
sind Celluloid und Cellon vor allem in Ketonen, Alkoholen, vielen
Estern und sonstigen organischen Lösemitteln; unlöslich in
Kohlenwasserstoffe (Benzin, Benzol, Toluol) und Alkyhalogeniden.
Spezifisches Gewicht: ca. 1,3 (Cn) und ca. 1,38 (Cd)
Erweichungspunkt: ca. 60 °C (Cn), ca. 70 °C (Cd)
Zugfestigkeit: ca. 500 (Cn), ca. 600 – 700 (Cd) in kg/qcm
Die
mechanischen Eigenschaften von Celluloid und Cellon können durch
Änderung der Art und Menge der Weichmacher in weiten Grenzen variiert
werden:
Ca. 20 % Weichmacher : hartes Optik-Material
Ca. 30 % „ : Normalqualität
Ca. 35 % „ : weiche, nähfähige, ziehfähige (für Röhren)
etc. Qualität
ca. 40 – 45 % „ : Material für Sicherheitsglas-
Zwischenschichten (nur bei Cn).
Verarbeitung und Anwendung
Celluloid und Cellon in dazu geeigneten Qualitäten lassen sich vielfältigster Weise bearbeiten:
Kalt: durch Schneiden, Formstanzen, Lochen, Sägen, Drehen, Bohren,
Fräsen, Schleifen usw.
Warm: durch Biegen, Prägen, Pressen, Blasen, Ziehen
Verwendung: als Material für Brillen, Kämme, Zeichengeräte,
Lampenschirme, Messergriffe, Spielzeugartikel
(Tischtennisbälle, Rasseln, Puppen), Füllhalter, Überzüge
(z.B. Reißbrettstifte, Wasserschalen), Geflügelringe usw.
Lieferform: Platten, Stäbe, Röhren, Fäden“
Es folgen ein Fließbild für die Nitrocellulose-Fabrikation und ein Fertigungsschema für Celluloid, Cellon und Cellonex.
(Bearbeitet: Dr. Volker Hofmann, Troisdorf, 5. April 2009)
Anmerkungen
des Bearbeiters: Das hier beschriebene Koch-Press-Verfahren wurde bis
in die 90iger Jahre des 20. Jahrhunderts in Troisdorf für die
Herstellung von hochwertigem und elektrisch-leitfähigem
MIPOLAM-Bodenbelag angewendet. Höchstwahrscheinlich wurden nach
Auslaufen der Produktion von Celluloid am Standort Troisdorf die
Celluloid-Pressen auch hierfür eingesetzt. Auch hier wurden die
Nutzbahnen (Bodenbeläge) „aus dem Block geschnitten“. Rohstoff hierfür
war PVC-weich (anfänglich PVC-MIsch-POLymerisat, LAMiniert - „MIPOLAM“)
mit Pigmenten und zusätzlich Ruß im Falle des leitfähigen Belags.
Das
optisch- anspruchsvolle ASTRAGLAS (Weich-PVC für Cabriolet-Scheiben)
und das ASTRADUR und ASTRALON (Weich-PVC für Zeichen- und Messgeräte und
Klischee-Herstellung für kartografische Arbeiten) wurden in Troisdorf
ebenso auf Etagenpressen mit Nickelblechen erzeugt (bis 2002).
Hochwertige
TROVIDUR-Platten-Qualitäten (Hart-PVC für Apparatebau) wurden ebenso in
Etagenpressen als Endbearbeitungsstufe „geglättet“.
Zur
Herstellung von TROCELLEN-Blockschaum wurde (ab 1990 etwa) und wird
heute ebenso in Troisdorf eine extrudierte (ungeschäumte) dicke Bahn aus
einem Rohstoffgemisch aus PE, Treibmittel: Azodicarbonamid und
Vernetzer: Dibenzoylperoxyd in Etagenpressen unter hohem Druck bei etwa
160 °C geschäumt und die sehr feinzelligen Nutzbahnen aus dem Block mit
einem ultrascharfen Messerbalken bzw. umlaufenden Bandmesser
geschnitten.
Besonders interessant ist die Erwähnung bei der
Verwendung von 40-45 % weichmacherhaltigem Cellon als Zwischenschicht in
Sicherheitsgläsern. Ab 1953 wurde für diesen Verwendungszweck TROSIFOL
(TROisdorfer SIcherheitsfoLie) auf Basis PVB = Polyvinylbutyral und
Weichmacher durch Extrusion erzeugt. Heute noch befindet sich die
Produktion von TROSIFOL in Troisdorf (und in Nizhni Nowgorod).
Es
erscheint klar ersichtlich, welche langfristig Gechichte-machenden und
Nutzprodukt-erzeugenden Entwicklungen für die
Kunststoff-Halbzeug-Herstellung ab 1905 hier in Troisdorf geleistet
wurden!