Abgaskamin aus Trovidur Spiralrohr
von Ing. Rudolf Schommer, in „Trovidur Informationen“ vom 14. September 1971, herausgegeben von Dynamit Nobel AG, Kunststoffe
„Im Werk Antwerpen der Farbenfabriken Bayer AG wurde kürzlich ein 90 m hoher Abgaskamin errichtet (Bild 1). Bei der Gestaltung griff man auf eine bei den Farbenfabriken Bayer bereits erprobte Konstruktion zurück.
Anforderungen an den Kamin
Das
abzuführende schwefelsäure- und schwefeldioxidhaltige Rauchgas hat eine
Temperatur von + 60 ° C und kondensiert an der Innenwand des Kamins zu
Schwefelsäure jeder Konzentration. Die Innenwand des Kamins muss gegen
diese aggressiven Medien beständig sein.
Von der gasführenden Röhre
wird hohe Formstabilität verlangt, denn je nach Betriebsbedingungen und
Außentemperaturen kann im Kamin Über- oder Unterdruck entstehen.
Durch
die Ausblasdüse soll kein Kondensat in die Atmosphäre gerissen werden.
Die Wartung des Kamins soll auf ein Mindestmaß begrenzt sein.
Werkstoffwahl
Bei der Auswahl des Konstruktionswerkstoffes stand die Frage nach der Chemikalienbeständigkeit im Vordergrund.
Stahl
schied in diesem falle aus, weil einmal selbst hochwertiger Stahl durch
die an der Kamin-Innenwand als Kondensat vorkommende Schwefelsäure
korrodiert, zum anderen ein Korrosionsschutz gegen die feuchte, säure-
und salzhaltige Außenluft erforderlich gewesen wäre.
Nach kritischem Abwägen fiel die Wahl auf Trovidur Spiralrohre. Ausschlaggebend hierfür waren folgende Fakten:
Trovidur
Spiralrohre werden aus dem thermoplastischen Werkstoff Polyvinylchlorid
hergestellt und besitzen deshalb die gleiche hohe
Chemikalienbeständigkeit wie Trovidur Rohre, die sich seit über dreißig
Jahren im Einsatz bewährt haben.
Trovidur Spiralrohre sind
spannungsfrei; hierdurch ist Spannungsrisskorrosion ausgeschaltet. Bei
der Herstellung glatter extrudierter Rohre ist spannungsfreier Zustand
der Rohrwand nicht immer zu erreichen.
Die für die wechselnde
Druckbeanspruchung des Schlotes erforderliche Stabilität ist bei
Trovidur Spiralrohren vorhanden. Der schraubenförmig umlaufende Steg
gibt dem Rohr große Steifigkeit, auch bei höheren Temperaturen.
Da
das Fertigungsverfahren für Trovidur Spiralrohr die Herstellung großer
Rohrlängen erlaubt, sind verhältnismäßig wenige Stoßstellen mit
Verbindungen zu versehen und bei Wartung auf Dichtheit zu überprüfen.
Korrosionsschutz
an der Außenwand entfällt, weil Trovidur gegen Feuchtigkeit und die
korrosiven Bestandteile der Außenluft unempfindlich ist.
Konstruktion
Ein
Innenkamin aus korrosionsfestem Trovidur Spiralrohr ist aus statischen
Gründen von einem Betonmantel umgeben, der an der Basis freien Zutritt
zum Gassammler und seinen Anschlüssen gewährt (Bild 2).
Der Gassammler (Bild 3) hat maximal 3,2 m Durchmesser und eine Gesamthöhe von 9,5 m. Er besteht aus einem 4 m langem Anschlussteil, das im Verbundbau aus Trovidur EN und glasfaserverstärktem Polyesterharz LUGUVAL hergestellt ist, und einem 5,5, m langen ebenfalls mit Glasfaserpolyester verstärktem Trovidur Spiralrohr. Der Boden ist aus großformatigen Trovidur EN Tafeln (2 x 4 m) gefertigt.
Die
gasführende Röhre besteht aus Trovidur Spiralrohr NW 2500. Die 10 bis
12,5 m langen Rohrstöße sind mit lösbaren Verbindungen zu einem starren
Gebilde verschraubt.
Zwischen der Temperatur bei Stillstand der
Anlage und der Betriebstemperatur kann im ungünstigsten Fall eine
Differenz von 70 ° C auftreten. Demnach muss, ausgehend von einer
Montagetemperatur von 20 ° C, für die gesamte Röhre mit Längenänderungen
bis max. 300 mm gerechnet werden. In einem Rohrleitungssystem müssten
zum Ausgleich der Längenausdehnung Kompensatoren eingesetzt werden. Die
Verbindungstechniken für verschiedene Materialien sind aber stets mit
dem Risiko der Undichtigkeit behaftet. Man fand eine Lösung, die unter
Verzicht auf Kompensatoren dem Rohr die Möglichkeit zur freien Dehnung
gibt.
Die Rohrstöße sind mit eigens für dieses Objekt entwickelten
Verbindungen (Bild 4) aneinandergesetzt. Diese sind den vom Verwender
gestellten Forderungen entsprechend dicht, aber auch lösbar, so dass,
falls notwendig, die Dichtungen ausgewechselt werden können. Als
Verbindungselement dient ein gefrästes H-Profil, in das die
chemikalienbeständigen Dichtungen eingelegt sind. Die Rohrschellen
sitzen nicht auf den Stegen des Rohres, sondern werden durch zwischen
den Stegen liegende Gleitschuhe gehalten.
Diese Verbindungen sind auch gleichzeitig die Anschlussvorrichtungen für Gegengewichte zu den einzelnen Rohrschüssen (Bild 5).
Die mit Seilen über Seilrollen (Bild 6) mit den Rohrschellen verbundenen gewichte hängen an der Innenwand des Betonkamins und balancieren das Rohr vollkommen aus. An jeder Rohrschelle hängt nur das Gewicht eines Rohrschusses. Nun kann sich der Trovidur Kamin bei Temperaturschwankungen in der Höhe ungehindert ausdehnen.
Die
Trovidur Röhre steht im Übrigen innerhalb des gesamten Betonkamins
frei; die Senkrechthaltung wird nicht durch seitliche Führungen
korrigiert.
Der Oberschuss (Bild 7) mit dem Kaminkopf ragt aus der
Betonröhre ca. 5 m heraus, hat also den äußeren Windbelastungen
standzuhalten. Er hat außerdem die Aufgabe, den gesamten Trovidur Kamin
in der vertikale zu führen. Darum wurde auch dieses Bauteil von außen
mit Glasfaserpolyester verstärkt.
Betonkamin
und Oberschuss des Gasrohres sind nach dem Prinzip der Dachdurchführung
mit Dachaufsatzstück und Regenkragen verschiebbar gegeneinander
abgedichtet.
Der Kaminkopf ist so ausgebildet, dass in der
gasführenden Röhre mitlaufendes Kondensat in Zentrifugal- und
Beschleunigungsstrecken verdichtet und anschließend in Entspannungszonen
ausgeschieden wird.
Montage
Transport (Bild 8) und Montage
der Trovidur Spiralrohre waren wegen des großen Durchmessers und der
außergewöhnlichen Länge der einzelnen Schüsse nicht problemlos. Zur
Erkundung des Verhaltens der Rohre beim heben und Aufrichten waren
Vorversuche erforderlich, die in Zusammenarbeit mit den Farbenfabriken
Bayer und der Firma Aug. Schnakenberg & Co. bei Dynamit Nobel
durchgeführt wurden. Es zeigte sich, dass die Rohre die beim Anheben und
Hochziehen auftretenden größeren elastischen Verformungen ohne Schäden
überstehen.
Da die Trovidur Spiralrohre in den zuerst errichteten Betonkamin von unten eingezogen werden mussten, begann die Montage mit dem Oberschuss. Der Gaskamin wurde also von oben nach unten gebaut. Für die Montage wurde am oberen Ende eines jeden Rohres eine Traverse angesetzt (Bild 9), an der das Zugseil befestigt werden konnte.
Nach dem Aufstellen des Trovidur Kamins mussten an einigen Dichtungsstellen Korrekturen vorgenommen werden. Nach dem Lösen der Flanschschrauben konnten die Rohrschüsse mittels Flaschenzug leicht auseinander gezogen werden, da ja das Gewicht dieser Teilstücke über Gegengewichte ausgeglichen war.
Die Gleitschuhe der Rohrschellen wurden nach beendeter Montage so einjustiert, dass infolge Temperaturschwankungen später auftretende Durchmesser-Veränderungen aufgenommen werden können.
Die Erstellung des Kamins in technisch ausgereifter und werkstoffgerechter Konstruktion ist eine überzeugende Leistung im Kunststoff-Anlagenbau. Durch die enge Zusammenarbeit von Verwender, Verarbeiter und Werkstoffhersteller im Sinne des Trovidur Team Systems war es möglich, alle Forderungen des Auftraggebers zu erfüllen.“
(Bearbeitet: Dr. Volker Hofmann, 17. April 2008)