Historie von TROLIT alsanorganische Masse bei Dynamit Nobel AG und ihren Nachfolgefirmen in Troisdorf

1981/82 Nach Kontaktaufnahme mit dem französischem Chemiker Joseph Davidovits begann die Entwicklung von TROLIT im Bereich der Kunststoffentwicklung (BKE) der Dynamit Nobel AG. Leiter des Projekts wurde Herr Dr. Neuschäffer.

Für dieses neuartige synthetische anorganische Material hat sich der Begriff „Geopolymere“ etabliert. Was versteht man darunter?

Der Begriff Geopolymere wurde in den 1970er Jahren von dem französischen Chemiker Joseph Davidovits geprägt. Geopolymere entstehen durch Reaktion aus einem reaktiven pulverförmigen Feststoff, der im Idealfall aus amorphem SiO2 und Al2O3 besteht und einer alkalischen Aktivatorlösung. Im Verlauf der Geopolymerisation härtet das Stoffgemisch aus und bildet ein Alumosilikatnetzwerk, das sich ähnlich verarbeiten lässt wie herkömmlicher Zement. Dabei ist das Si-Al-Verhältnis entscheidend für deren Qualität.

Rohstoffe

Für Geopolymere eignet sich vorzugsweise das amorphe Metakaolin (Al2Si2O7) als pulverförmiger reaktiver Feststoff. Typische Aktivatoren sind alkalische Lösungen auf Basis von Kalium- und Natriumsilikatlösungen.

Das molare Verhältnis von SiO2, K2O oder SiO2 und Na2O entscheidet darüber, ob sich das Wasserglas für die Synthese des Geopolymeren eignet. Die Konsistenz des frischen Geopolymeres und dessen Endfestigkeit wird ebenfalls dadurch beeinflusst, ob Na+ oder K+ vorliegt.

Geopolymerisation

Sie unterscheidet sich grundlegend von der Hydratation des Zements und lässt sich vereinfacht wie folgt erklären: Die OH-Ionen der Aktivatorlösung lösen zunächst die amorphen Bestandteile des reaktiven Feststoffes. Dadurch brechen die Bindungen von SiO2 und Al2O3, und es entstehen unter anderem Monomere wie Si(OH)4 und Al(OH)4 sowie weitere komplexe Verbindungen in Lösung. In der anschließenden Polykondensation, ballen sich die kolloidalen Teilchen.. Das führt im weiteren Verlauf der Kondensationsreaktion dazu, das sich die Polymerketten verlängern und vernetzen. Das so entstehende Aluminiumsilikatnetzwerk setzt sich aus (SiO4)4-– und (AlO4)5- -Tetraedern zusammen, die über Sauerstoffatome miteinander verknüpft sind. Die Kationen K+ oder Na+ gleichen die negative Ladung des (AlO4)5- – Tetraeders aus und werden daher in das Netzwerk eingebunden. Verglichen mit der Hydratation von Zement wird bei der Geopolymerisation nur ein geringer Teil des Wassers aus der Aktivatorlösung chemisch in das Netzwerk eingebunden.

Eigenschaften des Geopolymers

Zu den besonderen Materialeigenschaften des ausgehärteten Produkts gehören die hohe Unempfindlichkeit gegenüber Säureangriff, die stark ausgeprägte Hitze- und Brandbeständigkeit sowie die schnelle Ausbildung der Endfestigkeit.

Aushärteprozesse

Je nach Rohstoffen erreicht das Geopolymer bereits nach einigen Stunden seine endgültige Festigkeit (Druckfestigkeit > 60 N/mm2). Das ist deutlich schneller als bei Zement.

Ökologische Vorteile und Potential

Geopolymere weisen gegenüber Zement eine deutlich günstigere Energiebilanz auf. Währen beim Brennen der Zementrohstoffe Kalkstein, Ton und Mergel Temperaturen von 1450oC erforderlich sind, und pro Tonne Zement ca. 110 Kwh Energie aufgewendet werden müssen, wird Metakaolin in der Regel zwischen 650 und 700oC gebrannt und hat im Gegensatz zu Zement auch keine CO2 Freisetzung zur Folge.

Quelle: Oliver Vogt u.a., Nachrichten aus der Chemie 12/2017, S.1198ff.

Zunächst beschränkten sich in Troisdorf die Arbeiten auf kompaktes Material. Später verlagerte sich der Schwerpunkt der Entwicklung auf geschäumtes Material.

Die Suche nach kommerziellen Anwendungen gestaltete sich schwierig: So gab es u.a. Überlegungen, TROLIT als Ersatz für Schieferplatten als Bedachungsmaterial zu entwickeln, oder TROLIT-Schaum als Träger für Abgaskatalysatoren im Automobilbau anzubieten.

1989/90 kam es zu Kontaktaufnahme mit den potentiellen Lizenznehmern, wie Fa. Hilti und Tsutsunaka. Techniker des letzteren Unternehmens waren im September 1989 eine Woche zu Schulungen in Troisdorf. Meiner Erinnerung nach kam es damals zu keiner Lizenznahme.

Der Projektleiter Herr Dr. Neuschäffer ist im April aus Altersgründen aus dem Unternehmen ausgeschieden. Ob es ab diesem Zeitpunkt noch als Entwicklungsprojekt weitergeführt worden ist, ist mit unbekannt.

In der 2. Hälfte der 1990er Jahre wurde das Projekt wieder aufgelegt. Projektleiter wurde Herr Dr. Voss.

2000/2001 wurde eine Fertigungsanlage für TROLIT Dämm- und Brandschutz- Schaumplatten in Troisdorf gebaut. Es wurde auch ein System mit zwei Komponenten in einer Spritzpistole zum in-situ-Schäumen in Fugen und Zwischenräumen als unbrennbarer Schaum entwickelt und vorgestellt.

Wann eine Einstellung aller Aktivitäten erfolgt ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach mündlichen Angaben des letzten Entwicklungsleiters Herrn Dr. Voss sollen der höhere Preis gegenüber herkömmlichen Materialien, sowie Probleme mit dem Restalkaligehalt die Gründe für diesen Entscheid gewesen sein.

Im Folgenden werden einige Produktblätter aus jener Zeit aufgeführt:

TROLIT Dämm- und Brandschutzplatte

TROLIT 100 Dämmplatte

TROLIT–Platten, Formteile, in-situ

TROLIT-Mineralschaum

erstellt Dr. Rainer Pflüger 05.07.2018