Die große „Kunststoff-Zeit“ der Dynamit Nobel AG

Besondere Entwicklungsleistungen auf dem Gebiet der Kunststoff-Verarbeitung sind sicher in der Zeit der IG Farben vor dem 2. Weltkrieg in Troisdorf vollbracht worden: Die umfangreiche Rezepturentwicklung für verschieden Kunststoff-Rohstoffe wie verschiedene Cellulose-Derivate, Phenol/Kresolharze, Harnstoff- und Melaminharze und Schichtstoffe daraus und die Verarbeitungstechniken wie Extrudieren, Spritzpressen und – gießen, Umformen, Laminieren, Fügen, Kalandrieren für Vulkanfiber, Polystyrol und seine Anverwandten und ab 1936 PVC, weich und hart, und die Entwicklung einer enormen Produktpalette daraus, hauptsächlich im Bereich der Bauprodukte. Voller Stolz präsentierte man nach dem Krieg 1958 das Voll-Kunststoffhaus mit tragenden Teilen mit und aus Kunststoff und seiner kompletten Kunststoff-Innenausrüstung.
Einen guten Überblick mit der ganzen Produktvielfalt gibt das Kunststoff-Verkaufsprogramm der Dynamit Nobel AG von 1963. Auf der ersten Seite dies Verkaufsprogramms von 1963 kann man die gesamte wirtschaftliche Potenz diese Unternehmens ablesen, wo mit Stolz in kurzen Sätzen und mit relativ viel beeindruckenden Zahlen gesagt wird:


„Dynamit Nobel Aktiengesellschaft

Das Produktionsprogramm der Dynamit Nobel umfasst

Kunststoffe
Chemikalien
Elektro-Schmelzprodukte
Sprengstoffe; Zündmittel; Pyrotechnische Artikel
Pulver; Jagd- Sport- und Gebrauchsmunition


Die Dynamit Nobel und ihre Tochtergesellschaften beschäftigen

rund 22.000 Mitarbeiter


Die Fertigung erfolgt in

11 Produktionsstätten der Dynamit Nobel
15 Produktionsstätten von Tochtergesellschaften


Für Verkauf und Kundenbetreuung stehen zur Verfügung

26 Verkaufsbüros im Inland
102 Vertretungen im Ausland


Innerhalb des Gesamtprogramms von Dynamit Nobel stehen die Kunststoffe heute (1963) nach Zahl der Produkte und Umsatz an erster Stelle.“



Diese kurze Gesamtschau verdeutlicht die starke Stellung der Kunststoff-Rohstoffe und –Halbzeuge im Dynamit-Nobel-Konzern zu jener Zeit, wobei die Halbzeug-Herstellung meist rückwärts-integriert bis zur Rohstoffherstellung war , aber ebenso vorwärts-integriert mit ihren Anwendungstechnikern zu den meist handwerklichen Verarbeitern der Halbzeuge wie Brillenoptiker, Puppenhersteller, Installateure, Dachdecker, Bodenleger, Elektriker, Apparatebauer und Fenster- und Rollladenbauer sowie den Mitarbeiter der Automobilindustrie, denen in betriebsinternen Seminaren der „richtige Umgang“ mit den DN-Kunststoff-Halbzeugen lehrhaft und praktisch beigebracht wurde.
Die Produktion fand zu jener Zeit ausschließlich in Deutschland statt, der Vertrieb war allerdings schon deutlich auslands-orientiert. (Anmerkungen des Bearbeiters)


(Bearbeitet: Dr. Volker Hofmann, Troisdorf, 1. März 2009)