Die Wahner Heide als Nationales Naturerbe

Der seit sechs Jahren nicht mehr militärisch genutzte Teil des Truppenübungsplatzes in der Wahner Heide, ein Gebiet von rund 2.000 Hektar, wurde aufgrund seiner vielfältigen Lebensräume und bedrohten Tier- und Pflanzenarten im Juni 2006 von der Bundesregierung zum .Nationalen Naturerbe“ erklärt. Damit zählt die Wahner Heide zu den charakteristischen Natur- und Kulturlandschaften, die als wesentlicher Bestandteil unserer Heimat, Lebensgrundlage und Lebensqualität auch für zukünftige Generationen bewahrt werden sollen. Die Bundesregierung übergibt dazu in den nächsten Jahren insgesamt 125.000 Hektar wertvolle Naturgebiete für einen dauerhaften Erhalt als „Nationales Naturerbe“ an die Bundesländer, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Naturschutzverbände. Dies stellt eine einmalige Chance für den heimischen Naturschutz dar.
Das Naturerbe in der Wahner Heide gehört zu den 33 national bedeutsamen Gebieten, die seit April 2009 in der Verantwortung der gemeinnützigen DBU Naturerbe GmbH liegen. Diese Tochter-Gesellschaft wurde von der DBU für die aktive Flächensicherung gegründet, da die Stiftung selbst einen reinen Förderauftrag hat. Mit der Übernahme und langfristigen Sicherung von rund 46.000 Hektar meist ehemaliger Truppenübungsplätze in neun Bundesländern durch ihre Tochter-Gesellschaft wird sie erstmals selbst im heimischen Natur- und Artenschutz aktiv. Der besondere Wert der Naturerbeflächen liegt in ihrer Großräumigkeit, den nur eingeschränkt vorhandenen Wegenetzen und der relativen Störungsarmut sowie in der oft hohen Vielfalt an verschiedenen Standorten, Strukturen und Tier- und Pflanzenarten.
Die DBU Naturerbe GmbH strebt an. die Strukturvielfalt und den Reichtum an heimischen Arten auf ihren Flächen zu erhalten und zu fördern. Dazu wurde im Mai 2008 ein Vertrag mit der Bundesregierung geschlossen, in dem die spezifischen Schutzziele für die einzelnen Gebiete in Form von Leitbildern festgelegt wurden. Auf dieser Grundlage setzen die ortskundigen Bundesförster Schutzmaßnahmen im Auftrag und in Abstimmung mit der DBU Naturerbe GmbH, die ihren Sitz in Osnabrück hat, um. Zu den Tätigkeiten der Bundesforstbetriebe gehören die Flächenverwaltung, Waldumbau, Offenlandpflege, Feuchtgebietsschutz und Wildbestandsregulierung sowie die Verkehrssicherung und zukünftig auch Rangerdienste. Die 33 Naturerbeflächen, einschließlich des Gebietes in der Wahner Heide, gehen in den nächsten Jahren nach und nach in das Eigentum der DBU über. Wälder und Feuchtgebiete sollen wieder in einen möglichst naturnahen Zustand überführt und erhalten werden. Struktur- und artenarme Wälder, wie die auf vielen Naturerbeflächen überwiegenden Kiefernbestände mittleren Alters, werden schrittweise in naturnahe Waldgebiete überführt, die sich ungestört zu neuer „Wildnis“ entwickeln dürfen. Feuchtgebiete, die sich aufgrund von Entwässerungen in einem ökologisch ungünstigen Zustand befinden, werden aufgewertet und erhalten. Die während des militärischen Übungsbetriebes entstandenen Offenflächen werden durch eine dauerhafte Pflege als wertvolle Lebensräume für viele bedrohte Pflanzen- und Tierarten erhalten.
Insbesondere auf Naturerbeflächen mit vielfältigen Interessenlagen wird die DBU Naturerbe GmbH einen wechselseitigen Dialog mit den Menschen vor Ort anbahnen, um ihr Engagement zu erläutern, für Akzeptanz und Unterstützung ihrer Naturschutzziele zu werben und Beteiligungsprozesse aufzuzeigen. In der Wahner Heide wird die DBU Naturerbe GmbH ihre Mitgliedschaft in dem regionalen Dachverein FORUM Wahner Heide/Königsforst e. V. nutzen, um regionale Interessenvertreter von ansässigen Kommunen, Verbänden und Verwaltungen zu informieren und Anregungen aus der Region aufzunehmen. Die im Ballungsraum Köln/Bonn gelegene Wahner Heide zeichnet sich durch großflächige Offenlandbereiche mit Heiden, Sandtrockenrasen und Mooren, einschließlich kleineren Stillgewässern, aus. Diese offenen Lebensräume im Zentrum der Wahner Heide sind vor allem durch die ehemalige militärische Nutzung entstanden. Auf den umliegenden, durch den Übungsbetrieb kaum gestörten Bereichen finden sich dagegen Birken-Eichenwälder, Eichen-Buchenwälder und im Übergang zum bergischen Land auch Buchenwälder. Im Südosten schließen sich Teile der Aggeraue und der Sülzaue mit Eichen-Eschen-Ulmenwäldern und Erlen-Eschen-Weidenwäldern an. Die außergewöhnlich hohe Standortvielfalt der Wahner Heide spiegelt sich auch in der Vielzahl der vorkommenden Lebensraumtypen mit einem großen Reichtum an Tier- und Pflanzenarten wider. Vor allem für die heimische Vogelwelt, beispielsweise gefährdete Arten wie Mittelspecht und Heidelerche, stellen die altholzreichen, teilweise lichten Wälder und die offenen bis halboffenen Heidelandschaften ein wichtiges Refugium dar. Eine große Anzahl weiterer Tiere und Pflanzen, die auf der Roten Liste der gefährdeten
Arten stehen, konnten bisher in der Wahner Heide nachgewiesen werden.

Die naturnahen Laubwälder in der Wahner Heide werden seitens der DBU Naturerbe GmbH einer sofortigen natürlichen Entwicklung ohne menschliche Eingriffe überlassen. Mit ihren standorttypischen Baumarten und einem hohen Anteil an Alt- und Totholz bieten sie für viele Vogelarten Nahrungs- und Brutraum. Fledermausarten finden in den Höhlen und Spalten in alten Eichen und Buchen ihren Unterschlupf. Die Nadelwälder und die Waldbestände mit nicht lebensraumtypischen Laubbaumarten, beispielsweise der Roteiche, sollen im Laufe einer Generation in sich naturnah entwickelnde Wälder überführt werden. Dies erfolgt über die Entnahme der standortfremden Baumarten und die Förderung der natürlichen Verjüngung bzw. Vermehrung standortheimischer Baumarten.
Eine Voraussetzung für die natürliche Verjüngung der Wälder und ihre naturnahe Entwicklung ist die Regulierung der Reh- und Rotwildbestände in der Wahner Heide. Die DBU Naturerbe GmbH hat dazu ein Wildmanagementkonzept entwickelt, das unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen bereits auf allen Naturerbeflächen umgesetzt wird. Gejagt wird mit dem Ziel, den Verbiss durch Reh- und Rotwild auf ein Maß zu verringern, dass eine natürliche Entwicklung der standortheimischen Baumarten ohne Schutz durch Zäune ermöglicht. Auch sollen die überwiegend von Schwarzwild verursachten Schäden auf angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen vermieden werden. Während der Paarungs-, Brut- und Rastzeiten soll die Jagd grundsätzlich unterbleiben. Dafür wird in der verbleibenden Jagdzeit intensiver gejagt, insbesondere im Rahmen von großflächigen Ansitzdrückjagden in den Herbst- und Wintermonaten. Eine besondere Situation liegt für die Wälder im Bereich der Einflugschneisen des Flughafens Köln/Bonn vor, die aus Gründen der Luftverkehrssicherheit eine bestimmte Höhe nicht überschreiten dürfen. Diese Bäume müssen regelmäßig bei Erreichen einer kritischen Höhe zurückgeschnitten werden. Als weitere Besonderheit werden die traditionellen Eichen-Hutewälder im Gebiet durch eine Beweidung mit Schafen, Ziegen und Rindern erhalten, um die Standortvielfalt vor Ort weiter zu erhöhen. Die DBU Naturerbe GmbH strebt an, die durch den jahrzehntelangen militärischen Übungsbetrieb entstandenen Offenlandbereiche durch Pflege langfristig zu bewahren. Die wertvollen Offenflächen werden heute vor allem im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der Flughafen GmbH Köln/Bonn durch eine Beweidung mit Schafen, Ziegen und Rindern erhalten. Sie bieten damit eine Heimat für eine Vielzahl von seltenen, auf die offenen Lebensräume angewiesenen Arten, die sonst kaum noch in der Region zu finden sind, wie die Heidelerche, das Schwarzkelchen oder der Ziegenmelker. Auch eine Vielzahl bedrohter Pflanzenarten, beispielsweise Orchideen wie das Kleine Waldvögelein, gedeiht aufgrund der besonderen Standortbedingungen im Offenland der Wahner Heide.
Ziel der DBU Naturerbe GmbH ist es, die Lebensbedingungen für die seltenen und bedrohten Arten zu verbessern, beispielsweise durch eine Wiederherstellung und Sicherung von Vernetzungskorridoren im Offenland. Dies gilt ebenso für die Erhaltung von Feuchtgebieten und Mooren und die auf diese Lebensräume angewiesenen Arten, wie der breitblättrige Sonnentau oder die Gelbbauchunke, die in der Wahner Heide noch zu finden sind.
Für die DBU Naturerbe GmbH ist es außerdem besonders wichtig, Menschen für die heimische Natur zu begeistern und ein nachhaltiges Verantwortungsbewusstsein zu fördern. Sichere und attraktive Bereiche des Naturerbes Wahner Heide, von denen keine Gefahr durch die militärische Vornutzung ausgeht, sollen weiterhin naturverträglich geöffnet bleiben, so dass Einwohner und Besucher die Schönheit und Besonderheit der Natur erleben können. Daher beteiligt sich die DBU Naturerbe GmbH im Rahmen eines Regionale-2010-Projektes maßgeblich an der Erstellung einer Ausstellung für die wertvollen Naturgebiete Wahner Heide und Königsforst in der Region Köln/Bonn.
Die DBU Naturerbe GmbH arbeitet im FORUM Wahner Heide/Königsforst e. V. mit einer Vielzahl von weiteren Akteuren, wie den ansässigen Kommunen und Verbänden, zusammen, um gemeinsam den Wert von Wahner Heide und Königsforst zu vermitteln und die Besucher im Sinne des Naturschutzes zu informieren und zu lenken. Vier Eingangstore, sogenannte Portale, an den Randbereichen des Gebietes sollen als Anlaufstellen für Besucher fungieren und mittels Ausstellungen über das Naherholungs und Schutzgebiet informieren. Die interaktive und erlebnisorientierte Ausstellung „Grüner Schatz im Ballungsraum“ soll auf anschauliche Weise zu einem naturverträglichen Verhalten im Gebiet motivieren.

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